Mit modernem Qualifikationsmanagement Mitarbeitende gezielt fördern, Kompetenzen sichtbar machen und dem Fachkräftemangel proaktiv begegnen.
Jedes Produktionsunternehmen ist in Zeiten von Industrie 4.0 und zunehmender Customization bis hin zur Lösgröße 1 mehr denn je auf hochqualifizierte Mitarbeiter angewiesen. Denn die immer komplexeren Arbeitsabläufe und die zunehmende Digitalisierung der Shopfloors und Maschinen können häufig nur noch von hochspezialisierten Fachkräften auf den Fertigungslinien bedient werden. Hinzu kommt der zunehmende Fachkräftemangel. Mitarbeitern in Produktionsunternehmen wird in unserer hochtechnologischen Arbeitswelt immer mehr Wissen abverlangt. Doch nicht nur für den Mitarbeiter besteht der Druck, sich weiter fortbilden zu müssen, auch Unternehmen müssen kontinuierlich in das Know-How ihrer Arbeitnehmer investieren, um im Wettbewerb erfolgreich zu bleiben. Da dieses Wissen entscheidend zum Erfolg eines Produktionsunternehmens beiträgt, ergibt sich die Notwendigkeit, Qualifikationen professionell zu verwalten.
Aber wie steht es eigentlich um den tatsächlichen mitarbeiter- und tätigkeitsbezogenen Qualifikationsgrad von Unternehmen im produzierenden Gewerbe Was sind aktuelle Herausforderungen und erfolgversprechende Strategien für mehr Flexibilität und Wettbewerbsfähigkeit im Kontext der Industrie 4.0? ATOSS hat dazu über 50 Produktionsunternehmen befragt. Die Untersuchung zeigt den Status Quo sowie die damit verbundenen Herausforderungen und die größten Optimierungspotenziale für die Zukunft.
Für einen Produktionsleiter ist es wohl die elementarste aller Fragestellungen: Habe ich genügend qualifizierte Mitarbeiter im Kontext meines betrieblichen Bedarfs? Die Antwort darauf kann entscheidend sein, wenn es darum geht, ob die Produktion sichergestellt ist, Fertigungszeiten eingehalten werden können oder massive Unterdeckung auf spezifischen Shopfloors den Überstundenaufbau oder den Leiharbeitereinsatz in die Höhe treibt. Wer Flexibilität gewährleisten will, braucht Transparenz über die Qualifikationen seiner Mitarbeiter und deren Gültigkeitsstatus. Nur so kann eine agile und effektive Vertretung gewährleistet werden, auch bei kurzfristigen Ausfällen. Um der Herausforderung fachlicher Flexibilität in Zukunft gerecht zu werden, ist es also notwendig, dass Produktionsbetriebe ihre Mitarbeiter über Bereiche hinweg qualifizieren. Unternehmen gewinnen dadurch wertvollen Handlungsspielraum und sichern sich in einem immer volatileren Marktumfeld entscheidende strategische Vorteile.
Ist die Belegschaft eines Unternehmens nicht ausreichend qualifiziert bzw. besteht nicht genug Wissen über die vorhandenen Qualifikationen, wird in der operativen Planung der Spielraum zu einem bereichsübergreifenden Mitarbeitereinsatz eingeschränkt. Abwesenheiten und Auftragsschwankungen können also nicht bereichsübergreifend abgefedert werden. Unternehmen verlieren also an interner Agilität.
Der Fachkräftemangel wird diese Herausforderung in den kommenden Jahren noch weiter verschärfen. Zumal 90 Prozent der teilnehmenden Unternehmen bereits prognostizieren, dass die fachliche Flexibilität noch weiter steigen wird. Grundsätzlich haben Produktionsunternehmen den hohen Stellenwert bereichsübergreifender Qualifikationen bereits erkannt. Es fehlen allerdings oftmals noch professionelle, automatisierte Systeme, um eine Umsetzung effizient, effektiv und kostenoptimiert möglich zu machen.
Der Status Quo zeigt, dass 49 Prozent der befragten Unternehmen ihren Qualifikationsgrad als sehr gut einschätzen. Doch die Zahlen belegen auch, dass jedes dritte Unternehmen (29 Prozent) nicht genügend qualifizierte Mitarbeiter hat. Auch das Mittel der Fortbildungen zur Mehrfachqualifizierung wird nicht ausreichend eingesetzt. Zudem, und das ist eine der größten Herausforderungen, mangelt es aufgrund eines fehlenden Überwachungsmechanismus vielfach an der nötigen Transparenz über den Status von Qualifikationen im Unternehmen. Die Frage, ob bereichsübergreifend genügend qualifizierte Mitarbeiter vorhanden sind, kann von vielen Unternehmen heute gar nicht beantwortet werden, wie der nächste Abschnitt zeigt.
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Produktionsunternehmen benötigen verschiedenste, teilweise hunderte Qualifikationen, die effizient gepflegt und überwacht werden müssen. Diese sind entweder mitarbeiterbezogen, z.B. Ersthelfer oder tätigkeitsbezogen, z.B. Maschinenführer. Doch bei der Verwaltung der Qualifikationen sind in vielen Unternehmen Optimierungspotenziale vorhanden. In 31 Prozent aller Fälle ist das Wissen um tätigkeitsbezogene Qualifikationen nur im Kopf des Planers vorhanden. Es findet keine geregelte Dokumentation des Wissens statt. Stattdessen haben nur die Meister, Schichtführer oder andere Planer einen Überblick über die Qualifikationen ihrer Mitarbeiter. Fast die Hälfte aller befragten Unternehmen (47 Prozent) greifen zur Verwaltung von tätigkeitsbezogenen Qualifikationen noch auf eine Excel Lösung zurück.
Dabei pflegt meist jeder Bereich seine Listen autark. Unterschiedlichste Formate sind die Regel – eine Standardisierung der Informationsverwaltung liegt nicht vor. 23 Prozent der Unternehmen nutzen immerhin eine Datenbank für ihr tätigkeitsbezogenes Qualifikationsmanagement. Doch auch hier gibt es Unterschiede. Denn es muss zwischen zwei Systemarten (dezentral und zentral) differenziert werden. Vor allem hinsichtlich des bereichsübergreifenden Personaleinsatzes. In 16 Prozent aller Fälle geschieht der Zugriff autark, jeder Bereich greift auf sein einzelnes System zu. Das macht die Vertretungsorganisation kompliziert, da die verantwortlichen Schichtführer keinen Überblick über andere Bereiche haben und somit nicht schnell innerhalb der Belegschaft auf Änderungen reagieren können. Nur in sieben Prozent aller Fälle gibt es ein zentralisiertes, digitalisiertes System, auf das von überall zugegriffen werden kann.
Das Management von Qualifikationen ist ein Feld mit großem Optimierungspotenzial. Eine autarke Verwaltung der Daten, wie sie in vielen Unternehmen gelebter Standard ist, stellt zudem vor dem Hintergrund des Datenschutzes ein großes Risiko dar. Professionelle Systeme verfügen über entsprechende Berechtigungskonzepte.
Wenn das Wissen über Qualifikationen nur im Kopf einzelner Planer liegt, besteht die Gefahr, dass dieses Wissen im Krankheitsfall oder bei einem etwaigen Austritt aus dem Unternehmen verloren geht. Die möglichen Konsequenzen können Fehlplanungen bei der Besetzung von Maschinen sein. Höherer Ausschuss, längere Durchlaufzeiten und geringere Qualität der Produkte wirken sich im Endeffekt negativ auf den Erfolg des Unternehmens aus. Ohne ein professionelles System für das Qualifikationsmanagement besteht zudem keine Transparenz über Qualifikationen oder die in diesem Zusammenhang erforderlichen Fortbildungsmaßnahmen. Im schlimmsten Fall hat das Auswirkungen auf Zertifizierungen, die im Produktionsumfeld essenziell sind. Eine Gefährdung der Produktion, Strafzahlungen oder Entzug von wichtigen Zertifizierungen drohen.
Eine Informationslücke bzgl. der Qualifikationen kann aber auch zu kritischen Produktionsengpässen führen. Es fehlen qualifizierte Mitarbeiter, die Maschinen bedienen können. Verschlechterung der Liefertreue und sogar Maschinenstillstände sind die Folge. Wer in Zeiten der Digitalisierung auf veraltete Systeme setzt, geht auch große Compliance Risiken ein. Die Konformität im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) kann mit vielen Systemen nicht gewährleistet werden. Sensible, mitarbeiterbezogene Informationen sind nicht ausreichend geschützt, das Unternehmen bewegt sich auf einem nicht regelkonformen Terrain.
Wer flexible und agile Personalprozesse und vor allem einen schnellen, bereichsübergreifenden Mitarbeiteraustausch anstrebt, der braucht zwingend einen systemgestützten Überwachungsmechanismus, der die Qualifikationsverwaltung nicht nur einfacher, sondern vor allem auch transparenter gestaltet. Es reicht nicht aus, sich auf das eigene Wissen oder eine manuelle Excel-Tabelle zu verlassen, denn ein proaktives Qualifikationsmanagement ist damit nicht möglich. Stattdessen ist es sinnvoll, Qualifikationen zentral in einer systemgestützten Qualifikationsmatrix zu verwalten. Sie gibt schnell Auskunft über benötigte Anforderungen der Maschinen und Arbeitsplätze und vergleicht diese mit den hinterlegten Fähigkeiten der Mitarbeiter. So hat der Planungsverantwortliche einen schnellen Überblick darüber, ob Mitarbeiter A auch an Maschine B eingesetzt werden kann.
Sind ausreichend Mitarbeiter qualifiziert, kann effizienter bereichsübergreifend verliehen werden.
Es ist auch ersichtlich, ob beispielweise genügend Ersthelfer oder Brandschutzbeauftragte im Unternehmen vorhanden sind und alle gesetzlichen Regelungen revisionssicher eingehalten werden. Im Bedarfsfall kann rasch gegengesteuert werden. Es herrscht stets Transparenz über mitarbeiter- und tätigkeitsbezogene Qualifikationen. Der Verantwortliche wird systemgestützt proaktiv über auslaufende Qualifikationen informiert und kann frühzeitig erforderliche Trainings einleiten. Dies ist ein wichtiger Baustein einer strategischen Personalentwicklung. Das Unternehmen läuft nicht Gefahr, zu wenig qualifizierte Mitarbeiter für Maschinen und Bereiche oder einen zu geringen Pool an Mitarbeitern mit Zusatzqualifikationen zu haben.
Aus einem breiten Pool an bereichsübergreifend qualifizierten Mitarbeitern ergeben sich für Unternehmen operativ mehr Handlungsspielräume. Besitzen Mitarbeiter Qualifikationen für mehrere Bereiche in der Produktion, können sie je nach Bedarfslage übergreifend eingesetzt werden. So wird teure Unter- und Überbesetzung auf Shopfloors vermieden und die Produktion kann schneller und flexibler auf kurzfristige Veränderungen reagieren. Für das Unternehmen entstehen durch eine agile Vertretungsorganisation eindeutige Wettbewerbsvorteile bei gleichzeitig kostenoptimiertem Personaleinsatz.
Ist in einem Bereich der Bedarf zu einem bestimmten Zeitpunkt des Jahres geringer als erwartet, kann schnell und systemgestützt agiert werden. Da nicht so viele Mitarbeiter benötigt werden, wie vorhanden sind, können andere Bereiche mit Personalengpässen unterstützt werden. Statt unproduktiv eingesetzt zu werden, können die vorhandenen Mitarbeiter nun wertschöpfend arbeiten. Gleiches gilt für die andere Extremsituation. Sollte der Personalbedarf unerwartet steigen, kann ebenfalls gegengesteuert werden. Über den vorhandenen Mitarbeiterpool werden einzelne Mitarbeiter in Produktionshochphasen bereichsübergreifend hinzugezogen, damit Bedarfsspitzen ohne den Einsatz von Leiharbeitern ausgeglichen werden können. So wirtschaften Unternehmen effizient und kostenoptimiert.
Personalverknappung ist ein großes Stichwort unserer modernen Arbeitswelt. Fachkräfte auf dem Markt sind Mangelware und das wird sich in absehbarer Zeit noch verstärken. Deshalb ist es notwendiger denn je, die vorhandenen Mitarbeiter bedarfsorientiert zu planen und zu steuern, Qualifikationen proaktiv zu verwalten und diese gezielt weiterzuentwickeln. Werden Qualifikationen zentral, digital und aktuell gepflegt, kann bei einem Mitarbeiterausfall schnell, effizient und wirtschaftlich Ersatz gefunden werden. Als strategisches Mittel ist es in den sich rasant verändernden Märkten wichtig, dass Mitarbeiter über Bereiche hinweg qualifiziert werden. Dadurch wird eine agile Vertretungsorganisation gewährleistet. Unter- und Überdeckung kann optimal ausgeglichen, der Leiharbeitereinsatz vermieden werden.
Das wichtigste Steuerungselement eines effizienten Qualifikationsmanagements ist eine systemgestützte Qualifikationsmatrix. Sie identifiziert automatisch Engpässe und wirkt proaktiv mit Hinweisen für erforderliche Weiterbildungen. Dadurch ist eine langfristige Personalentwicklung trotz Fachkräftemangel möglich. In der operativen Planung ist es zudem unabdingbar, dass das Qualifikationsmanagement in die Schichtplanung integriert wird. Das gewährleistet zu jeder Zeit eine Prüfung von Qualifikationen im Rahmen der Maschinen- und Arbeitsplatzbesetzung. Mit diesen Strategien können Unternehmen einen bedarfsoptimierten und flexiblen Personaleinsatz sicherstellen und so die Herausforderungen der Industrie 4.0 meistern.